Sieben Flächen abgesegnet (10.09.2015 09:48:18) |
Westfalenpost / Lokalausgabe 10.09.2015
Brilon. Nur acht nicht befangene Stadtvertreter waren Mittwochabend übrig, als es um die Festlegung der künftigen Windkraftkonzentrationsflächen ging.
„Wir planen ja nicht. Wir versuchen nur das Chaos zu ordnen.“ Das Chaos, das CDU-Stadträtin Karin Bange gestern Abend im Rat an die Wand malte, heißt Windkraft. Und das mussten gestern acht Stadträte alleine schultern. Denn mehr waren aus Befangenheitsgründen nicht übrig, als es um die Festsetzung von Windkraftkonzentrationszonen im Stadtgebiet ging. Sieben Flächen mit einer Gesamtgröße von 1305 ha sollen für die verdichtete Ansiedlung von Windrädern ausgewiesen werden. Die Bereiche haben die Planer und Politik nach dem aufwändigen Selektionsverfahren, in denen es um sogenannte harte und weiche Tabu-Kriterien ging, herauskristallisiert. Dabei für die Stadt besonders wichtig: der Abstand zur Wohnbebauung. Den will die Stadt auf 950 m festlegen. Völlig ohne Einwände, vor allem naturschutzrechtlicher Art, sei keine einzige dieser Zonen, sagte Stadtplanungsamtsleiter Gernot Oswald. Die Stadt sei überzeugt, mit diesem Entwurf „einen gerechten Mittelweg“ zwischen den Interessen der Investoren und der Bürgerschaft getroffen zu haben. Profiteure und Benachteiligte Krux dabei: Da Windräder als sogenannte privilegierte Vorhaben im Grunde überall errichtet werden können, sofern rechtlich konkret nichts entgegensteht, trifft eine Kommune mit der Auswahl von Konzentrationsflächen eine weitreichende Entscheidung. Oswald: „Damit nehme ich anderswo Eigentümern dieses Recht weg.“ Oder, wie es SPD-Sprecher Wolfgang Kleineberg sagte: „Auch bei der Energiewende gibt es Profiteure und Leute, die Nachteile haben.“ CDU-Stadträtin Karin Bange betonte vor großer Zuschauerkulisse im Bürgersaal noch einmal, wie intensiv sich der gesamte Rat mit der Festlegung der Flächen befasst habe. Bange: „Selbst wenn man mich um drei Uhr nachts aus dem Bett zöge, könnte ich den Plan zeichnen.“ Ihr ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass mit der Planung eben anderen Baurecht genommen werde. Sie appellierte an potentielle Interessenten, die bei dieser Auswahl nicht zum Zuge kommen, „an die Heimat zu denken“ und nicht rechtlich gegen den Flächennutzungsplan vorzugehen. Bange: „Wenn der Plan kippt, kriegen wir Wünnenberger Verhältnisse.“ Dann würde sämtliche Regulierungsmöglichkeit „aus der Hand gegeben wie in Olsberg“.
Für Christiana Kretzschmar (BBL) ist die Störung des Landschaftsbildes der Preis für die notwendige Energiewende. Beim Straßenbau sei der Landschaftsverbrauch eben der Preis für unsere Mobilität.
Stefan Kraft (CDU) sagte, dass die Stadt Investoren aus der Region fördern müsse.
Die Pläne werden für vier Wochen ausgelegt. In dieser Zeit können Einsprüche geltend gemacht werden. Offen sei, so hieß es, ob die 1305 ha der Bezirksregierung ausreichen.
Für Karin Bange ist jetzt schon klar: „Man kann ahnen, wie es demnächst um Brilon herum aussehen wird.“ Umfassende Befangenheitsliste An der Abstimmung nahmen für die CDU Karin Bange, Stefan Kraft, Dieter Henke und stv. Bürgermeister Holger Borkamp teil, für die SPD Martina Nentwig-Schönewolf, Wolfgang Kleineberg und Siegfried Gründer und für die BBL Christiana Kratzschmar teil. Alle anderen waren befangen. Auch BBL-Ratsmitglied Reinhard Loos nahm an der Abstimmung nicht teil, obwohl er - im Gegensatz zur Verwaltungsansicht - eine Generalbefangenheit der Ratsmitglieder nicht gegeben sah. Anders als seine Ratskollegen ist Reinhard Loos aber nicht persönlich oder verwandtschaftlich über den Landbesitz und -nutzen involviert, sondern als Mitglied des Kirchenvorstandes, der das Vermögen der Propsteigmeinde verwaltet.
950 m Abstand zu Wohngebieten
950 m Vorsorgeabstand zu Wohngebieten bei nicht schallreduziertem Betrieb. 400 m Vorsorgeabstand zu Einzelgehöften im Außenbereich. Weitestgehender Verzicht auf Windräder in zusammenhängenden Waldgebieten. Keine Höhenbegrenzung der Anlagen im Plan vorgesehen. Jürgen Hendrichs
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